Die Geliebte des Gevatters

Kern der Geschichte ist die Liebesgeschichte zwischen dem Mädchen Barbara, Tochter der ersten Totenkleidnerin Magdalena, und Friedrich-Karl, dem Enkel des sterbenden Grafen. Barbara und Friedrich-Karl verlieben sich, als sie sich zum ersten Mal sehen. Doch weil Barbaras Mutter die frühe Liebe ihrer jungen Tochter verhindern will, schickt sie sie in die Fremde. Jahre später finden Barbara und Friedrich-Karl doch zueinander. Doch er ist mittlerweile in Schottland verheiratet. Als Barbara schwanger wird, trennt sie sich von ihm, ohne zu wissen, dass eben jenes kurze, erneute Aufflammen ihrer Liebe viele künftige Generationen ins Unglück stürzen würde. Jahre später ist es ausgerechnet ihr Sohn Anton, der sich in die Schottin Emily verliebt - ohne zu ahnen, dass diese seine Halbschwester ist.
Gut gefallen hat mir, dass Helga Hegewischs Frauenfiguren stets selbständig und unabhängig sind. Als Totenwäscherinnen sorgen sie für den eigenen Lebensunterhalt und benötigen keine Hilfe und vor allem keinen Mann, um ihre Kinder aufzuziehen. Verwirrend ist die breite Erzählzeit von 1810 bis 1990. Manche der Stränge sind, wenn man Hegewischs Konzept erst einmal durchschaut hat, leicht zu erraten; wirkliche Überraschungen birgt die Erzählung eigentlich nicht, dafür ist sie zu wenig raffiniert und hat auch nicht den Anspruch. Das Ende musste ich zweimal lesen, weil im letzten Absatz plötzlich unbekannte Namen auftauchen, zu denen die letzte Nachfahrin Anna Barbara durch familiäre Bande dennoch ein liebevolles Verhältnis spürt.
Alles in allem war "Die Totenwäscherin" keine Zeitverschwendung, sondern eine sehr unterhaltsame Lektüre, mit der man sich wohlfühlt. Das Buch ist 2001 erschienen bei List, hat 398 Seiten und kostet neu 9,95 Euro. Gebraucht ab 1,40 Euro bei Amazon.
dezembra - 3. Jun, 21:22