Essen, beten, lieben

Hillary Clinton
Ich habe ihr nicht geglaubt, der guten Frau Clinton. Und auch alle anderen Frauen, die so vorbehaltslos von Elizabeth Gilberts Roman "Eat, Pray, Love" geschwärmt haben, waren mir ein bißchen suspekt. Im Radio habe ich vor einiger Zeit die Buchempfehlung einer Pastorin gehört, die sagte, dieses Buch werde einen Dauerplatz auf ihrem Nachttisch bekommen, damit sie "immer mal wieder darin nachschlagen könne". Die ist aber leicht zu beeindrucken, dachte ich damals.
Bereits im vergangenen Jahr habe ich den Film mit Julia Roberts und Javier Bardem im Kino gesehen und fand ihn schön. Schön und opulent und, ähnlich wie "Das Parfum", voller Gerüche, Aromen und Farben. Trotzdem nicht vollkommen, etwas langatmig vielleicht. Das Buch habe ich mir eigentlich nur gekauft, um mir ein allumfassendes Bild dieses Erlebnisromans zu machen. Richtig Lust, es zu lesen, hatte ich nicht, denn immerhin kannte ich die Story, die Bilder und das Ende bereits aus dem Kino.
Doch ich muss sagen: Ich bin sehr froh, dass ich es dennoch gelesen habe. Die Lektüre war eine Bereicherung für mich. Liz Gilbert lädt ihre Leserinnen voller Warmherzigkeit, Ganzheitlichkeit und wunderbarer Leichtigkeit dazu ein, sie auf ihrer einjährigen Weltreise zu begleiten, und lässt tiefe Blicke in ihre Seele zu. Sie scheut sich nicht, über Egoismus und menschliche Schwäche zu sprechen. Themen wie Figurprobleme, Moskitostiche, sexuelle Probleme und Masturbation spricht sie ohne Furcht an und ohne Scham. Ihr Stil ist unbekümmert, umgangssprachlich ("Ich schluchzte so sehr, dass sich ein großer See aus Tränen und Rotz vor mir auf den Badezimmerfliesen ausbreitete", S. 19) und absolut uneitel. Was für eine Wohltat nach der leicht arroganten Schreibe von Paulo Coelho, die den Leser stets spüren lässt, dass er nur begrenzt etwas von Literatur versteht!
Liz Gilbert schreibt nicht der Schönheit der Sprache wegen. Sondern, um ihre Botschaft zu vermitteln. Und die lautet, dass Weglaufen bis zu einem bestimmten Punkt funktioniert - und dann nicht mehr. Sie selbst erreichte diesen Punkt, nachdem sie bereits einige Jahre verheiratet war und ein ruhiges und bürgerliches Leben führte - und sich plötzlich eines Nachts von Panik geschüttelt auf dem Boden ihres Badezimmers wiederfand. Mit dem Mut der Verzweiflung und einem starken Willen beendete sie ihre Ehe, ließ die Vorwürfe ihres Mannes über sich ergehen und verlor alles. Ihre Reise begann als verzweifelter Versuch, endlich zu sich zu finden, und endete mit der Erkenntnis, dass sie selbst ihre innere Stimme sein kann.
Ich empfehle dieses Buch. Nicht, weil es literarisch wertvoll ist - es ist schön und unterhaltsam zu lesen, das sicher, aber hohe Literatur ist es nicht. Trotzdem ist es ungeheuer hilfreich. Es wird vielleicht einen Dauerplatz auf meinem Nachttisch bekommen. Damit ich immer einmal wieder darin lesen kann. I like!
"Eat, Pray, Love" ist im Bvt Berliner Taschenbuch Verlag erschienen. Es hat 496 Seiten und kostet neu bei Amazon 10,95 Euro. Gebrauchte Ausgaben sind ab ca. drei Euro erhältlich.
dezembra - 6. Mär, 21:35