Wenn der Tod nur das Resultat eines glücklichen Lebens ist

"Schlemm", der erste Roman des schweizer Journalisten und Übersetzers Nicola Bardola, beginnt mit einem Telefonanruf. Nüchtern und emotionslos nennt Paul Salamun seinem Sohn Luca den Tag, an dem er sterben wird. Paul Salamun hat Blasenkrebs, seine Frau Franca ist des Lebens überdrüssig. Gemeinsam hat das Ehepaar schon vor Jahren beschlossen, in einem solchen Fall dem Leben gemeinsam ein Ende zu setzen. Luca, sein Bruder Reto und der Rest der Familie sehen sich mit dem Unfassbaren konfrontiert: Sie müssen akzeptieren, dass die Eltern gehen werden.
Auf 204 Seiten schildert Bardola die letzten Tage von Franca und Paul, ihren Abschied von der Welt und das Sterben unter Aufsicht der Euthanasie-Organisation "Right of Way" (ROW). Es gelingt ihm, dem Leben der Protagonisten im Angesicht des Todes eine ganz eigene Qualität zu geben. Und den Leser zum Nachdenken zu bringen.
Sensibel, aber auch mit einer gewissen Distanz erzählt er später auch vom fast zwei Stunden andauernden Todeskampf, vom letzten Schluck Champagner und dem verschwitzten Unterhemd des Vaters, das Luca nach dem Selbstmord der Eltern erschüttert in den Händen hält. Doch der Tod von Franca und Paul ist kein Alptraum, aus dem die Kinder nicht mehr erwachen, sondern ein leiser Abschied bei vollem Bewusstsein und letztlich eine virtuose Liebeserklärung an das Leben selbst.
Noch eine Randnotiz: Wie Nicola Bardola im unfangreichen Zusatzmaterial erläutert, ist die Geschichte vom Selbstmord seiner eigenen Eltern inspiriert. Er beschäftigt sich seit langem mit dem Thema Sterbehilfe, schrieb unter anderem auch das Buch "Der begleitete Freitod."
Sein Roman "Schlemm" ist 2007 im Heyne-Verlag erschienen und kostet bei Amazon 8,95 Euro, gebraucht ab 0,88 Euro.
dezembra - 13. Feb, 22:14